TALKING POINT auf IBI
Wohin mit der Superyacht?Jeder hat sein größtes Problem, egal wie klein es für andere sein mag. Dies gilt für jeden, ab er bettelarm oder superreich sein mag.
Wenige Superreiche, besser gesagt zu wenige Superreiche, besitzen eine Yacht, die die allermeisten Yachthäfen aufgrund ihrer Hauptabmessungen und der für sie erforderlichen Versorgungsstruktur schlicht überfordert. Bei weitem nicht alle sehenswerten Orte und Städte dieser Welt sind wirklich darauf vorbereitet, solche Prachtstücke in ihren Häfen beherbergen und versorgen zu können.
Entweder sind die Häfen zu eng und lassen nicht den notwendigen Platz zum sicheren Manövrieren zu oder die Infrastruktur reicht nicht aus, um z.B. den Lieferverkehr direkt zur Yacht oder die Strom- und Treibstoffversorgung sicherzustellen. Die meisten Yachthäfen sind nur für Fahrzeuge bis etwa 30-35 Metern Länge geeignet. Vielleicht haben diese zwar den Platz für eine oder zwei Superyachten, aber eben nicht genügend, um noch mehr aufzunehmen. Hier haben die Superyachten in der Regel ihren festen Liegeplatz, der Ihnen freigehalten wird. Tourismus zwischen verschiedenen Häfen kann so nicht entstehen.
Den anderen Hafenbetreibern, Gemeinden nebst Nahverkehr, örtlichen Fachbetrieben, Restaurants, Hotels und Einzelhändlern entgeht durch das fehlende Liegeplatzangebot nämlich eine stattliche Einkommensquelle, die ansonsten durch große Yachten und deren Personal garantiert gesichert wäre. Yachthäfen ziehen darüber hinaus auch andere Menschen an, die eigentlich keine Wassersportbegeisterte sind, da sie eine gewisse Atmosphäre ausstrahlen und die Schaulust anregen.
So findet man diese Juwelen des Yachtbaus, von denen es, je nach statistischer Quelle, zur Zeit etwa 6000 Einheiten gibt, in schnöden Containerhäfen oder an Tankerterminals wieder, wo sie sich nebst Eigner und Crew sicherlich nicht standesgemäß wohlfühlen können und nicht zur Geltung kommen. Die Anzahl dieser Yachten wächst übrigens zur Zeit um etwa beeindruckende 160 Stück pro Jahr. Deren Länge nimmt außerdem zu. Von wenigen perfekten Superyachthäfen, die es natürlich trotzdem gibt, abgesehen, bleiben ihnen eigentlich nur traumhafte Buchten oder die Reede vor zu kleinen Yachthäfen übrig, wo sie vor Anker liegen und von Versorgungsverkehr umgeben sind.
Was tun, um dieses Problem zu einem kleineren zu machen?
Bereits 2015 fand eine internationale Gruppe von Fachleuten zusammen, die sich vornahm, Standards für Yachthäfen zu entwickeln. Sie bildeten die Arbeitsgruppe 8 innerhalb des Technischen Komitees 228 unter dem Dach der Internationalen Standardorganisation in Genf. Die ISO-Standards der WG 8 sollten weniger technischen Inhalts sein als mehr die Servicequalität der Häfen formulieren.
Was braucht es, damit Yachten nebst Crews angezogen werden und ihre Bedürfnisse bedient werden?
Nach Jahren intensivster Zusammenarbeit entstanden zunächst für die üblichen Häfen die Standards der Reihe ISO 13687 Teile -1 bis -3: Tourismus und verwandte Dienstleistungen - Yachthäfen - Mindestanforderungen für Häfen mit grundlegendem/mittlerem/hohem Servicelevel. Danach, um den oben erwähnten Mißstand abhelfen zu können, wurde die ISO 21406: Tourismus und verwandte Dienstleistungen - Yachthäfen - Grundlegende Anforderungen für Luxus-Häfen entwickelt.
In etlichen Ländern wurden diese internationalen Standards bereits in ihre staatliche Normen-Bibliothek als nationale Standards aufgenommen. Dennoch ist ihre Anwendung freiwillig und nicht gesetzlich gefordert. Die Standards werden regelmäßig überarbeitet und eventuell revidiert, um sie den sich ständig ändernden Anforderungen des Verbrauchers anzupassen.
Weltweit gibt es einige wenige Organisationen, die auch eine freiwillige Zertifizierung von Yachthäfen auf der Basis dieser Standards anbieten.